
Bitte kümmert euch endlich!
Warum ich nicht müde werde, meine Freundinnen mit diesem Thema zu nerven

© Farknot Architect / Adobe Stock
Unsere Autorin liegt ihren Freundinnen regelmäßig mit einem Thema in den Ohren: Geldanlage. Und stößt regelmäßig auf Widerstände. Doch sie gibt nicht auf. Warum, schreibt sie hier.
Ich sitze mit zwei Freundinnen auf dem Balkon. Es ist Sommer. Es ist warm. Wir schlürfen Weißweinschorle auf Eis in der Sonne und das Leben ist schön. Bis die eine mal wieder mit dem nervigen Thema um die Ecke kommt: Geldanlage und Altersvorsorge. Augenrollen. Gähn … Die eine bin ich.
In regelmäßiger Taktung verschicke ich an meine Freundinnen freundliche Podcast-Empfehlungen, kostenlose Finanz-Einstiegs-Webinare, Artikel oder Insta-Posts zu Altersarmut. Wenn ich Glück habe, werden sie zur Kenntnis genommen. Das war es dann aber auch. Und ich kann es ein bisschen verstehen. Früher war ich auch so. „Ich habe eine Lebensversicherung, die meine Eltern mal irgendwann für mich abgeschlossen haben. Muss reichen. Mehr will ich mich damit nicht befassen. Und außerdem, wer weiß, das in 25 Jahren ist“, antwortet die eine Freundin auf mein kleines feuriges Referat und mein Angebot, sich mal zusammenzusetzen. „Wer weiß, was in 25 Jahren ist…“ – Totschlagphrase. Ich halte die Klappe. Erst mal.
Finanzexpertin wird man nicht über Nacht – muss man aber auch nicht
Dabei sind meine Freundinnen längst keine Ausnahmen: Nur knapp 11 Prozent (4,4 Mio.) der Frauen in Deutschland haben im Jahr 2024 in Aktien, Aktienfonds oder aktienbasierte ETFs investiert. Und ich kann die Hürde verstehen. Es ist nicht so, als hätte ich mich mit diesem Thema nicht selbst schwergetan. Aber ich wollte immer finanziell unabhängig und keinesfalls arm im Alter sein.
Also habe ich ein Buch gekauft. Finanzexpertin Helma Sick hat mir die Augen geöffnet und mir leicht verständlich die Basics erklärt, dann ging’s weiter mit Madame Moneypenny, Podcasts von Finanztip bis hin zum Finanzpabst Gerd Kommer. Immer in Häppchen. Immer mal wieder. Vor allem aber habe ich mir Sparringspartner:innen gesucht. Eine Freundin, mit der ich mich regelmäßig über derlei Themen austausche und einen Freund, der mir immer schon einen Schritt voraus ist.
Und trotzdem: Jedes Mal, wenn neue Statistiken veröffentlicht werden, möchte ich die tollen, ahnungslosen Frauen in meinem Umfeld am liebsten schütteln. So hat eine neue Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes gerade wieder erschreckende Zahlen veröffentlicht: Mehr als jede zweite Frau kann langfristig in Deutschland nicht von ihrem Lohn leben. JEDE. ZWEITE. FRAU.

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Was bedeutet das?
Sie haben keine langfristige Existenzsicherung. Ihr Einkommen ist nicht hoch genug für eine eigenständige Existenzsicherung über den gesamten Lebensverlauf. Das betrifft neben dem Ruhestand auch Phasen, in denen sie womöglich nicht erwerbstätig sind, vielleicht wegen einer Krankheit oder weil sie den Job verloren haben. Überdies können 70 Prozent der erwerbstätigen Frauen mit ihrem Einkommen nicht langfristig für sich und ein Kind sorgen. Für viele Frauen ist es schlicht nicht möglich, überhaupt nennenswerte Summen anzusparen. Und andere Frauen könnten es und tun es einfach nicht.
Die Gründe? Immer noch dieselben
Die Gründe sind vielfältig und hinlänglich bekannt: Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger als Männer, beispielsweise aufgrund von Kinderbetreuung oder weil sie Angehörige pflegen. Sie sind viel öfter in Teilzeit beschäftigt und ihre Stundenlöhne sind im Durchschnitt um rund ein Fünftel niedriger als die von Männern. Besonders deutlich zeigt sich das bei Paaren mit minderjährigen Kindern. Laut Väterreport der Bundesregierung war der Mann zuletzt in 44 Prozent der Fälle in Vollzeit und die Frau in Teilzeit. In 26 Prozent ist der Mann der Alleinverdiener, in nur drei Prozent ist die Frau die Alleinverdienerin. Nur bei 14 Prozent der Paare mit Kindern unter 18 arbeiten beide Vollzeit.
Die Probleme sind strukturelle: Care-Arbeit ist nach wie vor in vielen Familien sehr ungleich verteilt. Es mangelt an Kita-Plätzen und gleichzeitig wird die klassische Rollenverteilung immer noch durch das Ehegattensplitting gefördert. „Gleichzeitig müssen Väter in ihrer Verantwortung für die Sorgearbeit gestärkt werden: durch den Ausbau der Partnermonate beim Elterngeld und eine zehntägige, bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils rund um die Geburt eines Kindes“, erklärt die DGB-Vizechefin Elke Hannack, wie der Spiegel schreibt.
Also nerve ich doch weiter
All das lässt sich nicht von jetzt auf gleich ändern, was sich aber ändern lässt, ist die Rentenlücke und Altersvorsorge meiner Liebsten. Und ich werde nicht müde, das Thema anzusprechen. Aufmerksamkeit zu schaffen.
Klar hatte auch ich zu Beginn Sorge, einen Fehler zu machen. Als ich vor rund sechs Jahren meine ersten ETF-Sparpläne startete, waren diese noch lange nicht so populär wie heute. Und heute? Heute schaue ich auf mein Portfolio und habe das Gefühl, jedes Mal ein kleines bisschen zu wachsen, vor Stolz. Nicht nur in den Summen hat sich etwas getan, durch diese Momente der Selbstwirksamkeit ist mein Selbstbewusstsein mitgewachsen.
Und vor allem zu erzählen, dass es echt kein Hexenwerk ist, einen ETF-Sparplan anzulegen. Wirklich nicht. Und für alle, die sich noch nicht durchringen konnten, hat die BRIGITTE Academy eine Masterclass entwickelt, die den Einstieg echt noch leichter macht. Die geht auch gleich noch raus an meine Freundinnen. Schließlich sehe ich uns doch gemeinsam im Ruhestand die Wellnesshotels unsicher machen. Nur was, wenn sich das keine leisten kann? Ganz altruistisch ist mein Anliegen also nicht, aber im Grunde ist das ja auch egal, oder?